Favoritensiege bei den Staatsmeisterschaften

Im Stile eines Weltklassespielers verteidigt Markus Ragger seinen Titel bei den Staatsmeisterschaften im Haus des Schach in Wien. Bereits in der Vorschlussrunde macht Österreichs Aushängeschild mit einem Sieg gegen Baumegger alles klar und kann sich in der Schlussrunde ein Remis gegen Schroll leisten. Die Silbermedaille geht erwartungsgemäß an David Shengelia während Bronze für Alexander Fauland bei seinem Comeback eine erfreuliche Überraschung ist. Im Damenbewerb gewinnt mit Eva Moser ebenfalls die Favoritin, die Entscheidung fällt aber erst in der Schlussrunde. Im Fernduell mit Kopinits gewinnt Moser gegen Kessler, während Anna-Christina gegen Newrkla über ein Remis nicht hinauskommt. Die Bronzemedaille geht hochverdient an Vorarlbergs Helene Mira. Das Organisationsteam in Wien, angeführt von Präsident Christian Hursky und Johann Pöcksteiner, hat ganze Arbeit geleistet. Die Staatsmeisterschaften 2010 werden quantitativ und qualitativ als Vorbild für die kommenden Jahre herhalten. Einen ausführlichen Fotobericht gibt es unter "Weiterlesen"... (wk, Foto: Pöcksteiner, Ragger, Moser, Hursky)
Ergebnisse bei ChessResults, Partien (pgn)


Die Schlussrunde der Staatsmeisterschaften im Wiener Haus des Schachsports neben dem Praterstadion startet mit einer klaren Ausgangsposition. Österreichs Nummer 1, Markus Ragger, ist der Titel nicht mehr zu nehmen. Bereits in der Runde davor sichert Ragger die Titelverteidigung mit einem schönen Sieg gegen Siegfried Baumegger. Überhaupt scheinen dem Kärntner seine Siege von leichter Hand zu gehen. Ragger gewinnt 7 Partien und remisiert nur gegen Shengelia mit Schwarz und in der Schlussrunde gegen Schroll. Eine überzeugende Weltklasseleistung mit einer Performance von 2715 ist der Lohn für eine harte Turnierwoche. Der alte und neue Staatsmeister heißt Markus Ragger.

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Der Spielsaal vor der letzten Runde

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Der Favorit steht vor der Titelverteidiung

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Wo spiele ich heute, fragt sich Georg Danner

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Die ersten Züge der letzten Runde

Der zweite Mann im Feld ist bei seinem ersten Antreten bei einer Staatsmeisterschaft Neo-Österreicher David Shengelia. Der gebürtige Georgier läuft mit Ragger die ersten fünf Runden im Gleichschritt, treibt ihn zur Höchstleistung. Erst nach einem Remis im direkten Duell muss Shengelia in den Runden 6 und 7 zwei Remisen zugestehen, während Ragger mit Siegen die Vorentscheidung herbeiführt. Eine Performance von 2607 nebst Silbermedaille ist dennoch ein gelungenes Debüt für den aktuellen Bundestrainer des ÖSB.

Das Comeback des Jahrzehnts gelingt Alexander Fauland. Nach langer Schachpause lässt der Schwanberger wieder die Figuren tanzen. In Oberwart verpasst der in Wien lebende Steirer mit einer Performance von 2596 eine GM-Norm nur um vier Punkte. Bei der Staatsmeisterschaft gelingt ihm erneut eine nationalteamverdächtige Leistung und der Sprung aufs Siegespodest. Wie Shengelia erzielt Fauland dank vier Siegen in Serie zum Turnierfinale 7 Punkte und darf sich die Bronzemedaille umhängen lassen.

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Silber beim Staatsmeisterschaftsdebüt für David Shengelia

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Comeback mit Bronzemedaille: Alexander Fauland

Ein tolles Turnier gelingt Gerhard Schroll, Oliver Lehner und nach verhaltenem Start Stefan Kindermann. Alle drei holen 6,5 Punkte und landen auf den Rängen 4-6. In den Top-10 platzieren sich weiters Andreas Diermair, Helmut Kummer, Siegfried Baumegger und Klaus Neumeier. Letzterer darf sich zudem ebenso über eine IM-Norm freuen wie Helmut Keissl. Der Tiroler verliert nach tollem Start mit 4,5/5 hintereinander gegen Ragger und Fauland. Dank starker Gegnerschaft ist die Performance jedoch 2500.

Die Olympiastarter Martin Neubauer, Robert Kreisl und Georg Danner verpassen wegen schlechterer Chancenauswertung vordere Plätze, enttäuschen aber nicht. Jüngster Teilnehmer im 112 Teilnehmer großen Feld ist Luca Kessler. Das dreizehnjährige Vorarlberger Talent erspielt eine Performance von 2131 und landet mit 4 Punkten auf Rang 76. Der älteste Teilnehmer im Feld feiert am Tag nach dem Turnier seinen 83-er (!!). Österreichs Schachlegende Andreas Dückstein beweist aber noch immer Kampfgeist und erspielt sich einen unglaublichen 22. Platz. Geistige Fitness ist keine Frage des Alters, sonder des (Schach-) Trainings.

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Der Kopf der Münchner Schachakademie: Stefan Kindermann


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Siegfried Baumegger

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Oliver Lehner

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Georg Danner vor seiner 10. Olympiade


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Robert Kreisl


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Andreas Dückstein mit jugendlicher geistiger Fitness

Eva Moser geht als haushohe Favoritin in den Damenbewerb. 2006 gewann die Kärntnerin den Titel in Köflach schon in der Allgemeinen Klasse, da schien der Gewinn bei ihrem ersten Antreten bei den Damen nur Formsache. Aber in den Runden 3 und 4 kommt Sand in das Getriebe der Nummer 48 der Damenweltrangliste. Einem Remis gegen die Titelverteidigerin Anna-Christina Kopinits folgt gar eine Niederlage gegen Julia Novkovic. So wird der Kampf um die Krone in den ausstehenden Runden zu einem Fernduell zwischen Moser und Kopinits. Punktegleich gehen die Beiden in die Schlussrunde. Moser erfüllt die Pflicht mit einem Sieg gegen Michaela Kessler und als Kopinits gegen Katharina Newrkla ins Remis einwilligen muss geht der Staatsmeistertitel der Damen mit 7,5 Punkten doch an die Favoritin. Kopinits darf sich über eine gute Leistung mit eine Performance über 2300 und die Silbermedaille freuen.

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"Womens corner" im Haus des Schachsports

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Entscheidungspartien der Damen


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Vizetitel für Anna-Christina Kopinits

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Zweifache Staatsmeisterin: Eva Moser

Der kommende Absatz gehört ganz alleine einer Ausnahmeerscheinung im österreichischen Damenschach. Spätberufen zum Schachsport gekommen ist Helene Mira viele Olympiaden lang nicht aus dem Nationalteam wegzudenken, etliche Staatsmeistertitel kann die Vorarlbergerin einheimsen. In Wien beweist sie erneut, dass sie nicht zum alten Eisen gehört. Mira holt 6,5 Punkte, sicher und verdient die Bronzemedaille. Die Entscheidung des Bundestrainers, er hat sie nicht mehr für die Olympiade in Khanty-Mansyisk nominiert, nimmt sie tapfer aber mit Wehmut zur Kenntnis. Ihr nächstes internationales Großereignis kommt dennoch bald, die Seniorinnen-WM im November. Wer Helene kennt, der weiß, dass sie alles versuchen wird ihr Top-10 Resultat aus dem Vorjahr zu wiederholen und vielleicht geht mit etwas weniger Respekt vor großen Namen sogar noch etwas mehr. Zu wünschen wäre es ihr.

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Ihre Schachkarriere geht weiter. Bronze für Helene Mira


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Vorarlberger Duell zwischen Lehrerin und Schülerin: Mira gegen Fröwis

Hinter den Podesplätzen belegen Katharina Newrkla und Veronika Exler die Plätze 4 und 5 und zeigen sich für die Olympiade im kommenden September gut in Schuss. Beide fahren direkt von der Staatsmeisterschaft zur Junioren WM U20 nach Chotowa in Polen und dürfen weitere 13 Runden Schach spielen. Ein hartes Programm für die Wiener Youngsters. Julia Novkovic wird das Olympiateam ergänzen und spielt zum Auftakt ein gutes Turnier. Ausgerechnet der überraschende Sieg gegen Moser wirft sie völlig außer Tritt. Es folgen Niederlagen gegen Kopinits, Exler und Klinkan. Am Ende wird es ein enttäuschender 12. Platz unter 23 Teilnehmer/innen. Manchmal will es einfach nicht laufen...

Talentproben legen Michaela Kessler und Anna-Lena Schnegg ab. Beide erzielen 4,5 Punkte und landen damit auf Rang 10 bzw. 16. Kessler hat dabei das Pech in der Schlussrunde Moser gelost zu bekommen. Schnegg verhaut den Start mit einer großen Rochade, erfängt sich dann aber und zeigt ihr großes Talent. Erfreulich sind die hohe Teilnehmerinnenzahl, das gestiegene Niveau und Comebacks von Spielerinnen wie Andrea Schmidbauer und Elisabeth Klinkan.

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Michaela Kessler

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Katharina Newrkla


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Veronika Exler


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Anna-Lena Schnegg

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Albert Baumberger leitet das Turnier als Hauptschiedsrichter assistiert von Martin Exler ohne größere Schwierigkeiten. Karl Theny und Siegfried Posch sorgen erneut für die Live Übertragung im Internet und neue Zugriffsrekorde. Das Schachstadion wird bald ausgebaut werden müssen.

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Theny, Posch, Baumberger


Der Landesverband Wien hat mit den Staatsmeisterschaften hinsichtlich Teilnehmer/innenzahl und auch der Qualität des Feldes neue Maßstäbe für die Zukunft gesetzt. Das Organisationsteam mit Präsident Christian Hursky und Turnierdirektor Johann Pöcksteiner an der Spitze hat tolle Arbeit geleistet und wird mit seinem Haus des Schachsports hoffentlich weiter Impulse für die österreichische Schachszene leisten. Die Staatsmeisterschaft hat die Räumlichkeiten nun weit über die Wiener Grenzen hinaus bekannt gemacht. Unter diesem Gesichtspunkt mögen all jene Nachsicht walten lassen, die sich repräsentativere Räumlichkeiten oder etwas mehr Ellbogenfreiheit gewünscht hätten. Sie werden nächstes Jahr bei Wien Open wieder bestens bedient werden.

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Die Pokale stehen bereit


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Offizielle Staatsmeistermedaillen für die Sieger


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Blick auf das Praterstadion


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Das Haus des Schachsports


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Siegehrung mit Bauberger, Hursky und Pöcksteiner


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Die fleißigen Helfer im Hintergrund


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Gut gelaunte Sieger beim "Medaillentausch"


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IM Norm für Kleissl (li), Kärntens Franz Hölzl (re)


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Das obligatorische Siegerfoto


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Minuten später ist die STM 2010 bereits Geschichte...