Königsdisziplin - Schach ist straight und hip

"Der Schachsport erlebt gerade einen Imagewandel. Die junge Generation ist straight und hip", titelt das Online Portal PLUS seinen Artikel über die Königsdisziplin der Denksportarten. Plus ist ein Portal des Manz-Verlags, das ergänzend zu den hauseigenen Schulbüchern Themen zu den Schwerpunkten Wissen, Zukunft und Leben publiziert. Zum Leben gehört Sport, zum Sport gehört Schach, das im Computerzeitalter doch einen kräftigen Imagewandel erlebt. Chefredakteurin Claudia Fabrizy hat zu diesem Thema Nationalkaderspieler Alexander Fauland und die ehemalige österreichischer Jugendmeisterin Andrea Schmidbauer interviewt. Den vollständigen Artikel gibt es unter "Weiterlesen" oder per Link direkt bei Puls. (wk, Foto/Text: Plus)
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Der Schachsport erlebt gerade einen Imagewandel. Die junge Generation ist straight und hip.

Quelle:
Claudia Fabrizy
Chefredaktion plus
Erstellt am 24.03.2011

Alte Männer, die in verrauchten Lokalen über dem nächsten Zug brüten oder irgendwelche Typen, die in Hinterzimmern mehr schlecht als recht von ihrem Hobby leben – das war lange Zeit das Bild, das man sich von Schachspielern machte. Gut ja, Intelligenz ist nicht unsexy und seinen Lebensunterhalt mit dem „königlichen Spiel“ zu bestreiten hat etwas romantisch Verwegenes. Zudem fanden sich unter den Top-Spielern immer wieder weltberühmte Mathematiker (Emanuel Lasker) oder Musiker (der Opernsänger Wassili Wassiljewitsch Smyslow). Im Großen und Ganzen war das Image aber mau.

In den letzten Jahren ist die Schachszene in Aufbruchsstimmung geraten. Die Weltspitze wird immer jünger, nicht zuletzt dank ausgefeilter Computer-Trainingsprogramme, und die BSO (Österreichische Bundes-Sportorganisation) hat Schach offiziell als Sport anerkannt. Magnus Carlsen, 20, norwegischer Großmeister und zur Zeit auf Platz 2 auf der FIDE-Weltrangliste, hat letztes Jahr einen Model-Vertrag mit der niederländischen Bekleidungsfirma G-Star unterschrieben. Auf der New York Fashion Week bewegt er sich ebenso souverän wie bei den Schachweltmeisterschaften. Die russische Großmeisterin Alexandra Konstantinowna Kostenjuk hat eine ähnlich spannende Biografie vorzuweisen und durch ihre Aktivitäten als Fotomodell und Schauspielerin Aufmerksamkeit erregt.

Schach scheint das Image der Streber, Freaks und dubioser Lebenskünstler abzustreifen. Mit einem Mal sind Schachspieler/innen gefragte Testimonials. Einleuchtend eigentlich: Schach ist mehr als ein Spiel. Es ist ein Sport, fordert Geist und Körper und fördert die Erweiterung des Horizonts. plus hat Alexander Fauland und Mag. Andrea Schmidbauer getroffen und sich mit den beiden aktiv Schachspielenden über die Faszination dieses Spiels unterhalten.

Die ersten Züge – Wie anfangen?

Im Sport gilt meistens: Je früher man damit beginnt, desto größer die Chance auf Erfolg. Beim Schach verhält es sich ähnlich. Andrea Schmidbauer hat mit sieben Jahren ihre ersten Züge gemacht – indem sie ihrem Vater, Mitglied eines Schachvereins, beim Spielen zusah. „Ich war fasziniert von dem Spiel, bin oft und lange dabei gesessen. Irgendwann habe ich ihn herausgefordert und dann ist alles sehr schnell gegangen.“, erinnert sie sich lächelnd. Mit „schnell gegangen“ ist ihre Entwicklung zur vierfachen Staatsmeisterin gemeint.

Die Schritte einer Schachkarriere vollziehen sich üblicherweise so: Anmeldung bei einem Verein, Schülertourniere, Qualifikationen in Bezirk, Kreis und Land, Bundesausscheidungen, Staatsmeisterschaften und die Entsendung zu Europa- und Weltmeisterschaften.

Alexander Fauland, heute selbständig und seit kurzem wieder schachmäßig aktiv, hat als 6-Jähriger das erste Mal mit Läufern, Springern & Co. hantiert. „Ich lag mit Fieber im Bett und mir war langweilig. Damals habe ich nur Stellungen ausprobiert.“ So richtig zu spielen hat der Steirer mit neun Jahren begonnen – zunächst im Schwanberger Verein und in der Schule, später bei Bezirks- und Jugendlandesmeisterschaften. Nach vier Jahren Pause gelang ihm mit Anfang zwanzig der Sprung in die Profiliga. Drei Jahre lang konnte er sich als Nr. 1 in Österreich halten, an zahlreichen internationalen Turnieren teilnehmen und sich so das Studium finanzieren. „In dieser Zeit habe ich auch begonnen, über Schach zu schreiben, Grafikprogramme zu lernen und eine Schachzeitung herauszugeben.“ Aus dieser Leidenschaft wurde später sein Beruf.

Training für Körper und Geist

Konzentration, räumliches Vorstellungsvermögen, logisches und strategisches Denken, Merkfähigkeit, mathematisches Talent, Kreativität sowie geistige und körperliche Ausdauer – all das sind Fähigkeiten, die man beim Schachspielen benötigt. Umgekehrt kann man diese wiederum durch das Spiel verbessern. Schach ist ein ausgezeichnetes Gehirntraining und beugt erwiesenermaßen gegen Alzheimer vor. Um wirklich gut zu werden, kommt man um Theorie, Spielanalysen und regelmäßiges Training – sehr viel am Computer – nicht herum. Schach ist auch eine gute Lebensschule. Alexander Fauland dazu: „Man verliert seine Verbohrtheit und Kurzsichtigkeit, denn so wie beim Schach gibt es auch im Leben nicht den einen Weg, sondern unzählige Handlungsvarianten.“

Was viele nicht wissen, ist, wie sehr dieses Spiel auch den Körper beansprucht. Nicht umsonst gilt Schach als Leistungssport. Wer nicht fit ist, wird kaum eine Meisterschaft bestreiten können, denn eine Partie dauert üblicherweise 3–7 Stunden. „Das klingt nicht schlimm, ist aber sehr anstrengend. In dieser Zeit gibt es kaum Pausen, man muss durchgehend konzentriert sein. Im Idealfall vergeht die Zeitaber wie im Flug. Man befindet sich in einem Flow-Zustand.“, erzählt Andrea Schmidbauer.

Eine männliche Disziplin?

Wenn man sich in den Reihen der Schachkoriphäen umsieht, entsteht der Eindruck, es handle sich um eine Männerdomäne. Tatsächlich schaffen es nur wenige Frauen an die Weltspitze. Selbst in Ländern wie Georgien, in denen Damenschach sehr stark gefördert wird, reichen die Topfrauen selten an ihre männlichen Gegenspieler heran. Eine Ausnahme ist das ungarische Talent Judit Polgár, die bereits im Alter von 15 Jahren den Titel der Großmeisterin erringen konnte. Die Förderung der Schachspielerinnen, darin sind sich Andrea Schmidbauer und Alexander Fauland einig, funktioniere im jugendlichen Alter sehr gut. Doch irgendwann werden die Jungs dann besser. Der erste große Einschnitt sei in der Pubertät zu bemerken, der zweite an der Schwelle zum Erwachsenenalter, so um die 20. Am Schluss bleiben deutlich weniger Profispielerinnen als -spieler über. Im Rahmen des „Projekts zur Förderung des Damenschachsports in Österreich“ des Österreichischen Schachbundes wurde dieser Eindruck bestätigt: „Die Anzahl der aktiven Schachspielerinnen ist im Erwachsenenalter verhältnismäßig geringer als im jugendlichen Alter.“, heißt es in der Projektbeschreibung.

Aber was sind die Gründe dafür? „Am mangelnden Denkvermögen liegt es sicherlich nicht“, weiß Andrea Schmidbauer. „Eher an der fehlenden Aggressivität. Frauen sind ängstlicher, das lässt sich immer wieder beobachten, dafür haben sie mehr Durchhaltevermögen.“ Judit Polgár, sinniert Alexander Fauland, sei schon als Kind aufgrund ihrer Kaltschnäuzigkeit aufgefallen. Sie habe einfach gespielt und sich nie einen großen Kopf gemacht. Gründe seien außerdem die mangelnde soziale Vernetzung unter den Spielerinnen, Benachteiligungen in den Vereinen und im Turnierbetrieb (fehlende Kinderbetreuung, sehr wenige Damentourniere etc.) sowie vorfallende Diskriminierung.

Die Förderung des Mädchen- und Damenschachs ist jedenfalls ein großes Thema – auch in Österreich. In letzter Zeit beobachte man eine leichte Veränderung zugunsten der Frauen. Insbesondere die Chinesinnen und Russinnen seien stark im Kommen, so Alexander Fauland.

Mensch gegen Computer – Wer gewinnt?

1996 ist ein denkwürdiges Jahr für Schachkenner. In diesem Jahr gelang es dem ersten Computer der Welt, Deep Blue, den amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparov in einer Partie zu besiegen. Ein Jahr später in einem ganzen Tournier. Eine Wende sicherlich. Heute kann man sagen, dass – insbesondere bei geringer Bedenkzeit – der Mensch keine Chance mehr gegen den Computer hat. Denn dieser übersieht nichts und kann viel mehr Züge vorausberechnen. Sein einziger Nachteil liegt in der fehlenden Intuition, denn „irgendwann geht es nicht mehr um Figuren, sondern um die Dynamik der Felder“, meint Andrea Schmidbauer. Das ist auch der Grund, weshalb der Mensch bei sehr langen Partien noch gewinnen kann.