Vienna Open - Fotofinish: Petrov vor Shengelia

Ein Fotofinish erlebt das 17. Internationale Vienna Chess Open an seinem gestrigen Schlusstag. Österreichs Nationalspieler David Shengelia legt mit einem flotten Sieg gegen Gerald Hertneck vor und scheint auf dem Weg zum Turniersieg, da die Begegnungen Buhmann-Stanec, Polak-Farago und Krivoborodov-Ulibin allesamt im Remis versanden. Erst als Igor Khenkin seinen weißen König gegen Marijan Petrov umlegen muss, düst der hierzulande bisher kaum bekannte bulgarische GM doch noch um einen halben Feinwertungspunkt am österreichischen Bundestrainer vorbei. Der verpasste Heimsieg ist aber nur ein kleiner Schönheitsfehler einer tollen Turnierleistung Shengelias (Performance 2644).  In den Top-10 platziert sich auch Niki Stanec mit einer Eloleistung von 2585 und empfiehlt sich damit ebenso für die Team-EM wie Katharina Newrkla. Die Wienerin schafft eine WIM-Norm und gewinnt mit sechs Punkten den Preis für die beste Dame. (wk)
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Das 17. Internationale Vienna Chess Open

beginnt bereits am Vortag des Turniers mit einer Simultanvorstellung der regierenden nationalen Meister aus Deutschland und Österreich. Igor Khenkin, er wird mit einer Zahl von 2629 als Elofavorit  starten, und Georg Fröwis - Sensationssieger der vor kurzem in Linz zu Ende gegangenen österreichischen Staatsmeisterschaft - ziehen von 17.00 bis 20.00 Uhr ihre Kreise vor dem Wiener Rathaus und stellen sich jedem, der spielen möchte.


Simultan vor dem Wiener Rathaus

 

Tags darauf eröffnet Wiens Schachpräsident Christian Hursky das wohl größte Schachopen Westeuropas im beeindruckenden Ambiente des Festsaals des Wiener Rathauses. Ein großer Dank geht an die Stadt Wien, die dem Schachsport den Saal zur Verfügung stellt. Erst zwei Tage später - nachdem die erstmals eingeführte, fünf Runden spielende, D-Gruppe gestartet wird - steht die endgültige Teilnehmer/innenzahl fest. 664 Spieler/innen aus 44 Nationen bedeuten einen neuen Rekord. In der A-Gruppe spielen 391 Teilnehmer/innen, darunter 15 Großmeister und 114 Titelträger/innen.

Ehrengäste der Eröffnung sind Deutschlands Schachpräsident Herbert Bastian, sein Sportdirektor Horst Metzing und der ÖSB-Vizepräsident Robert Zsifkovits. Letzterer hatte als Vorsitzender der Zone 1.2 der FIDE (Österreich, Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Israel, Kroatien, FYROM, Slowenien und Schweiz) zu einem Zonentreffen im Rahmen des Wien Opens geladen. Deutschland und Österreich nutzten die Gelegenheit zu bilateralen Gesprächen. Einigkeit besteht im Aufbau weiterer enger Kooperationen, insbesondere im Jugendbereich, sowie in einer engeren schachpolitischen Zusammenarbeit der Zonen 1.1 und 1.2 mit dem Ziel Westeuropa in ECU und FIDE zu stärken.


Feierliche Eröffnung mit Wiens Schachpräsident Christian Hursky



Metzing, Bastian, Zsifkovits

Eine tolle Leistung legt das Organisationsteam rund um Cheforganisator Johann Pöcksteiner und Hauptschiedsrichter Christoph Kaweh hin. Das Turnier kann mit einer nur geringen Verspätung gestartet werden, was bei einem so großen Teilnehmer/innenfeld eine echte Bravourleistung bedeutet.

Die ersten Runden stehen im Zeichen der Favoriten, erst ab den Runde 4 und 5 erlaubt das Schweizer-System direkte Paarungen der Top-Spieler. Umso schmerzlicher trifft den Russen Evgeny Gleizerov sein Missgeschick in Runde 2. Die Nummer 2 der Setzliste gewinnt am Vormittag noch das Blitzturnier mit 9 Punkten vor Andreas Diermair und Carlo Stromboli (je 8,5) und weiteren 73 Teilnehmer/innen. Er erscheint am Nachmittag um 17.00 Uhr frohgemuts im Turniersaal, kann aber nur noch verzweifelt eine Null in der Turniertabelle zur Kenntnis nehmen. Angesetzter Rundenbeginn am Sonntag war 15.00 Uhr. Da half ihm auch die einstündige Kontumazzeit nicht mehr. Eine weitere überraschende Niederlage in Runde 6 gegen Nico Georgiadis (SUI, 2328) wirft Gleizerov endgültig aus dem Rennen um den Sieg.


Die Live-Bretter: 1. Brett: Khenkis (re), 2. Brett: Gleizerov (li)

Das Turnier bliebt bis zur Schlussrunde spannend. Elf Spieler gehen mit je 6,5 Punkten ins Finale und haben die Chance auf den Sieg. Als erster ergreift David Shengelia seine Chance. Gerald Hertneck erwischt die Eröffnung nicht ganz genau und geht rasch unter. Shengelia scheint dem Sieg nahe, weil die Begegnungen Buhmann-Stanec, Polak-Farago und Krivoborodov-Ulibin allesamt mit einem Remis enden.

So muss die letzte Partie der Spitzenpaarungen entscheiden. Der Elofavorit Igor Khenkin kann auch mit einem Sieg nicht mehr an Shengelia vorbei, seine Zweitwertung ist wegen einer Niederlage in Runde 7 gegen Rainer Buhmann schlechter. Doch zum Leidwesen der mitfiebernden Österreicher überzieht Khenkin seine Stellung und muss sich schließlich dem bulgarischen GM Marijan Petrov geschlagen geben. Erst als der Computer die Endwertung auswirft steht Petrov als Turniersieger fest, Shengelia fehlt in der Zweitwertung ein halber Buchholtzpunkt zum Heimsieg. Seine Eloleistung von 2644 beweist aber, dass Österreichs Nationalspieler vor den kommenden internationalen Großaufgaben mit Vereins-Europacup, Mitropacup und Team-EM wieder in Form ist. Im Turnier wird Rainer Buhmann einen halben Punkt hinter dem Sieger-Duo nach Feinwertung Dritter vor Ulibin, Krivoborodov, Polak, Rau, Stanec, Rombaldoni und Farago (alle 7).

Die Österreicher/innen schlagen sich im Turnier hervorragend. GM David Shengelia beendet das Open mit Rang 2, Lokalmatador GM Niki Stanec erspielt sich souverän den 8. Platz, 13. wird noch IM Alexander Fauland, der bis zur 8. Runde um den Sieg mitspielt. IM Harald Schneider-Zinner (17.), FM Mario Schachinger (18.), FM Joachim Wallner (20.) und Staatsmeister FM Georg Fröwis (26.) komplettierten dieses erfreuliche rotweißrote Bild. Herausragend ist zudem die Leistung der Wienerin Katharina Newrkla. Die Nationalspielerin erzielt sechs Punkte, erspielt eine Performance von 2365 und holt sich damit zugleich ein WIM-Norm und den Preis für die beste Dame. Vor allem beweist Newrkla aber, dass sie gegen Spieler über 2200 ganze Punkte holen kann und empfiehlt sich damit nachdrücklich für die Team-EM in Griechenland.

ÖSB-Präsident Prof. Kurt Jungwirth freut sich über den Aufschwung und lies es sich nicht nehmen die Siegerehrung gemeinsam mit Wiens Präsidenten Christian Hursky durchzuführen. Hursky gratulierte allen Gewinner/innen und bedankte sich beim Organisations- und Schiedsrichterteam rund um die Vizepräsidenten Johann Pöcksteiner, Kaweh Kristof und Mag. (FH) René Schwab. Das nächste Open ist für 10.-18.8.2013 geplant, der Termin wird im Jänner 2012 fixiert.

Einige Foto-Impressionen...


Schachinger gegen Newrkla (Runde 1)


Der vielleicht schönste Turniersaal der Welt...


Volle Konzentration vom Start weg an den Spitzenbrettern


Kolumbiens WGM Nadya Ortiz schien auf dem Weg zum Damenpreis, kann
aber in den Runden 7-9 nur mehr einen halben Punkt holen.



Schautafeln zum Thema Schulschach rahmen den Weg zu den weiteren Sälen...


Wiens Schach-Historiker Michael Ehn mit seinem Buchstand...


Der Analyse-Raum...


Die Preise warten...


Letzte Notizen vor der Siegerehrung...


Die Italienerin Sabrina Reginato gewinnt den B-Bewerb...



Siegerfoto: Jungwirth, Buhmann, Petrov, Shengelia, Hursky, Pöcksteiner