Olympia-Tagebuch
von K.H. Schein
Tag 1 - Anreise
Das Ziel der
Schachwelt liegt momentan im Piemont, in der
„olympischen“ Stadt Turin. Mit verschiedenen
Verkehrsmitteln, aus verschiedenen Richtungen hatte auch die österreichische
Delegation am 20. Mai mittels einer wohlausgeklügelten
Sternfahrt den Austragungsort der heurigen Schacholympiade
angesteuert. Helene Mira war aus Vorarlberg mit dem Auto
gekommen, Aco Alvir flog von Bratislava nach Bergamo, wo er auf
den Konvoi Kastner-Schein-Genser bzw. Dannerx2, Sommer und Pilaj
wartete. Kreisl Robert wird übrigens am Dienstag mit dem Zug
aus Graz kommend das Team verstärken. Aus Wien machte sich das
Trio Martin, Tina und Maria via Flug auf die Reise.
Das "Oval". Spielstätte der Schach-Olympiade 2006
Die Sternfahrt wurde von Helene gewonnen, die bereits zu
Mittag in Turin ankam. Für unseren Auto-Konvoi wurde es in
Turin nicht leicht, nach einigen verpassten Abzweigungen auf den
richtigen Weg zurückzufinden. Dauerhupen von links und rechts,
ein Fußball auf der Straße, dem es im letzten Moment
auszuweichen galt und mehr oder weniger hilfreiche Passanten,
die scheinbar je nach Lust und Laune in verschiedenste
Richtungen zeigten, wenn wir nach dem olympischen Dorf fragten,
erleichterten die Zielfindung nicht gerade.
Rasch über die Bühne ging die Akkreditierung
Das Zählen und aufteilen der 208 Essbons dauerte schon
länger...
Am Ziel waren wir schlussendlich nach 20 Uhr. Doch noch
nicht ganz: Erst musste eine recht lange Akkreditierungsphase
hinter uns gebracht werden. Für die Akkreditierungspässe
wurden wir alle noch fotografiert und nach dem Austeilen der
Zimmerschlüssel und der Essensbons strömten Harald, Sonja und
ich zur Eröffnungsfeier. Diese verlief allerdings recht enttäuschend,
ein schnell abgewickelter Einmarsch der Nationen – durchgeführt
durch eine Armada freiwilliger Helfer aus Turin
- war da noch der Höhepunkt. Die endlosen, schlecht oder
gar nicht ins Englische übersetzten Reden ließen keine rechte
Stimmung aufkommen und wirkten höchstens unfreiwillig komisch.
Die Meinung über die Eröffnungszeremonie war geteilt.
Naben K.H. Schein verfolgen Sommer und Genser...
... wie die österreichische Fahne über die Bühne getragen
wird.
Obwohl schon recht geschlaucht vom langen Tag war an ein
Schlafengehen nicht zu denken: Das „captains-meeting“ um 23.00
Uhr zog sich ungeahnt in die Länge. Als das Schiedsgericht eine
neue Auslosungsvariante präsentierte (in der ersten Runde
sollte plötzlich nicht mehr die obere Runde gegen die untere Hälfte
spielen, sondern das erste Viertel der Setzliste gegen das
dritte und das zweite gegen das vierte Viertel) gab es stürmischen
Protest seitens vieler Kapitäne. GM Predrag Nikolic ergriff das
Mikrophon und forderte vehement, diese Regelung zurückzunehmen.
Man ging nach langen Debatten zur ursprünglich vorgesehenen
Variante zurück. Schließlich wurde noch jede teilnehmende
Nation einzeln aufgerufen um die Mannschaftsaufstellungen zu
kontrollieren. Zuerst allerdings die über 140 Männerteams und
dann erst die Damenmannschaften. So gegen 0:30 war diese
Prozedur zu Ende. Als dann etwas später auch das Wiener Trio
Maria, Tina und Martin wohlbehalten am Olympiagelände eintraf,
war das Team komplett. Allerdings gab es noch einen kleinen
Zwischenfall. Wir irrten uns bei der Zimmernummer und läuteten
unabsichtlich den frischgebackenen Europameister Zdenko Kozul
aus dem Schlaf. Ein stechender Blick war die Antwort auf unser
verlegenes Entschuldigungsgemurmel….
So war der erste Tag für mich um 2 Uhr morgens zu Ende.
Nach 18 Stunden auf Achse ging es in den wohlverdienten
Schlaf….
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