Olympia-Tagebuch 

SPECIAL


Schach-Olympiade Turin
21.05.-04.06.2006

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Tag 7


Das Olympia-Tagebuch von K.H. Schein
Tag 7
- Ruhetag



Gestern war hier bei der Schacholympiade der erste Ruhetag. Diesen nützte ein Teil unseres Teams, um sich die gastgebende Stadt näher anzusehen. Von diesem Ausflug möchte ich im folgenden berichten:

Turin, die Hauptstadt des Piemont, hat an die 900 000 Einwohner und kann auf eine mehr als zweitausendjährige Geschichte zurückblicken. Als Hannibal im zweiten punischen Krieg 218 v. Chr. die Römer überraschte, indem er über tiefverschneite Alpenpässe von Norden kommend in die Poebene eindrang, fand er hier auf den Hügeln ansässige keltisch-ligurische Volksstämme, die Taurini, vor. Römische Historiker berichten, dass das Heer Hannibals  drei Tage brauchte, um dieses Dorf mit dem Namen Taurasia zu zerstören.



Das Wappentier Turins, der Stier (lat. Taurus)


Durch die strategisch günstige Lage am Fluss Po wurde die Ansiedlung immer wichtiger und zu Caesars Zeiten gab es dort, wo heute Turin liegt, ein „castrum“, ein wichtiges Militärlager. Mit dem Untergang des römischen Reiches begannen auch für Turin die Wirren der Völkerwanderungszeit. Diese chaotische Phase endete erst im Jahre 1562 , als die Stadt Sitz der Grafen von Savoyen wurde. 1640 und 1706 widersetzte sich die Stadt der Belagerung durch die Franzosen. Von 1720 bis 1861 (ausgenommen die Jahre 1800-1814, als es zu Frankreich gehörte) war Turin Hauptstadt des Königreiches Sardinien-Piemont. Die Stadt war Mittelpunkt des Risorgimento, der Bewegung für die Einheit Italiens im 19. Jahrhundert. Von 1861 bis 1865 war Turin Hauptstadt des Königreiches Italien. Die Residenzen des Hauses Savoyen in Turin und Umgebung wurden von der UNESCO 1997 zum Weltkulturerbe erklärt.


Heutzutage verbindet man den Namen Turin wohl am ehesten mit drei "Trade-Marks". Zum einen ist die Stadt  Hauptsitz von FIAT, dem führenden italienischen Kraftfahrzeughersteller, dann sorgt der Fußballverein Juventus Turin für (in der letzen Zeit nicht immer positive) Schlagzeilen und schlussendlich war die Stadt der Gastgeber der heurigen olympischen Winterspiele.

Begleitet uns nun auf einen Rundgang, der einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Wort und Bild festhalten wird:

Direkt vom olympischen Dorf fährt der Bus Nr. 14 ins Stadtzentrum. Angenehm ist, dass der Akkreditierungspass der Teilnehmer der Schacholympiade für die Dauer des Turniers auf sämtlichen Verkehrslinien Turins als Freikarte gilt. Der Bus bringt uns zum „Piazza Solferino“, wo wir unseren Rundgang beginnen. Zwei futuristisch anmutende Pavillons („Atrium Citta“ und „Atrium 2006“) beherbergen Ausstellungen zur Stadtgeschichte und zu den olympischen Winterspielen. Der Architekt  Georgetto Giugario ist insofern bekannt, als dass er  für Maserati und Alfa Romeo viele Autos designte.



Das Atrium 2006, Ausgangspunkt unseres Rundgangs.


Durch die „Via Santa Teresa“ führt uns der Weg zum „Piazza San Carlo“. Dieser weitläufige Platz gilt als einer der schönsten Europas. Seine eleganten barocken Gebäude mit den weit ausladenden Torbögen stammen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Hier merken wir,  wie intensiv die Bevölkerung der Stadt an der Schacholympiade Anteil nimmt: Informationsstände, überdimensionale Schachbretter, Simultanveranstaltungen unter freiem Himmel und als Spaßmacher verkleidete Moderatoren, die mit Mikrophonen bewaffnet Partien launig kommentieren lassen uns staunen. Übrigens sind sämtliche wichtige Straßen der Stadt mit Flaggen und  Plakaten geschmückt, die auf die Schacholympiade hinweisen.



Piazza San Carlo - das Herz der Stadt im Zeichen der Schach-Olympiade









Der Moderator staunt über die aggressive "Danner-Variante".


Vorbei am ägyptischen Museum (das nach dem ägyptischen Museum in Kairo weltweit bedeutendste Museum seiner Art mit mehr als 30 000 Exponaten) führt uns der Weg zum Wahrzeichen der Stadt, zur  „Mole Antonelliana“.

Mit einer Höhe von 167,5 Meter dominiert das Gebäude das Stadtbild. Vom Architekten Allesandro Antonelli geplant, wurde der Bau 1862 begonnen und 1889 fertiggestellt, im selben Jahr übrigens wie der Pariser Eiffelturm. Seinerzeit war das Gebäude das höchste Ziegelbauwerk Europas.



Mole Antonelliana - das höchste Museum der Welt




Aus zwei Gründen ist es für Besucher besonders interessant. Zum einen führt ein Panoramalift auf eine Aussichtsplattform, die einen atemberaubenden Blick auf Turin bietet. 



In weniger als einer Minute auf die Aussichstplattform - mit Höhenangst wird dies eine lange Minute...


Turin liegt uns zu Füßen!








Zum anderen beherbergt das Gebäude das „Museo Nazionale del Cinema“, das einzige Kinomuseum Italiens und eines der bedeutendsten weltweit. Es genießt den Ruf als „höchstes Museum der Welt“! Für Cineasten ein absolutes Muss! Originalkostüme und -drehbücher sowie andere Requisiten aus berühmten Filmen, eine Unmenge von Posters, Fotos und Filmplakaten sowie zahlreiche in originellen Nischen simultan laufende Filme lassen das Herz jedes Kinofreaks höher schlagen.



Schachfilme im Filmmuseum


Ausgestellt werden einzigartige Gegenstände von der Zeit des Stummfilms bis heute. So sieht man die Melone Charlie Chaplins, Schuhe und Schmuck von Marilyn Monroe oder das furchtbare Wesen aus dem Science fiction Klassiker „Aliens“. In einem Rahmen von szenographischen Ausstattungen und Vorführungen, die durch die Ausstellung von Bildern, Skizzen und Gegendständen bereichert ist, läuft der Besucher durch die großen Themen der Filmgeschichte. Im riesigen „Tempel-Saal“ können die Besucher auf „chaises longues“ ausruhen und von dort aus sich Kinofilme und die eindrucksvollen Licht- und Schattenspiele der Kuppel anschauen.



Das Original-Drehbuch von Fellinis "Casanova".


Für uns Schachspieler war der Eintritt übrigens kostenlos. Ein besonderer Dank von dieser Stelle an die Stadtgemeinde Turin!


Fotoausstellung mit Starfotos



Österreich - Finnland 1:2. Das bereitet auch Bob Dylan Kopfschmerzen.


Sonja Sommer und Faye Dunaway Aug in Aug


Aco Alvir im Gedanken schon beim Kampf gegen Ex-WM Zhu Chen


Das Lächeln der Kellnerin tröstet über die Rechnung hinweg.


Im Schatten dieses eindrucksvollen Monumentes genossen wir eine Tasse Capuccino, ehe wir unseren Weg zum Poufer in Richtung Piazza Vittorio Veneto fortsetzten Dieser riesige Platz wurde von Giuseppe Frizzi entworfen. Auf drei Seiten von Arkaden begrenzt, führt er zum Fluss Po und zur Brücke „Vittorio Emanuele I“ Diese wurde von den Franzosen während der napoleonischen Ära (1810-1814) erbaut.



Hier trennte sich die Spreu vom Weizen.


Piazza Vittorio Veneto


Auf meinen Vorschlag hin, am jenseitigen Ufer den „Monte dei Cappuccini“ zu erklimmen, entschlossen sich interessanterweise  spontan einige zur Rückkehr ims olympische Dorf! Harald, Aco, Maria, Sonja und ich setzen den Stadtrundgang jedoch fort.



Der Po.




Jenseits des Pos besuchten wir zuerst die Kirche „Gran Madre di Dio“, die zwischen 1827 und 1831 erbaut wurde. Nachempfunden ist sie dem berühmten römischen Pantheon und erinnert an die Rückkehr von Viktor Emanuel I. nach der französischen Okkupationszeit. Anschließend ging es hinauf auf den Monte dei Cappuccini, wo sich die Kirche Santa Maria del Monte und ein Kapuzinerkonvent befinden. Dieses beherbergt übrigens  das Nationale Gebirgsmuseum (Museo Nazionale della Montagna), eines der wichtigsten seiner Art überhaupt. Spektakulär von dort oben ist auch der wunderbarer Ausblick über Turin..



Am Ziel - der höchste Punkt des Rundgangs.


Nun geht es langsam zurück.. Am Flussufer entlang spazieren wir zur Brücke „Umberto I“ und überqueren den Fluss wieder in Richtung Stadtzentrum.  









Den „Corso Vittorio Emanuelle II“ entlang streben wir die bekannteste Einkaufsstraße der Stadt an, die „Via Roma“. Hier finden sich die elegantesten und teuersten Geschäfte Turins. Vom Hauptbahnhof Porta Nuova bis zum Piazza Costello ist die Straße auf einer Länge von 750 Metern durchgängig mit einem Säulengang überdacht, der beim Flanieren und Einkaufen Schutz vor Sonne und Regen bietet!





Vom Piazza San Carlo gelangen wir wieder zurück zum Piazza Solferino, dem Ausgangspunkt unserer mehrstündigen Wanderung.




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