Olympia-Tagebuch 

SPECIAL


Schach-Olympiade Turin
21.05.-04.06.2006

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Tag 9


Das Olympia-Tagebuch von K.H. Schein
Tag 9
- 7. Runde



Eine Tür mit der Aufschrift „Pairing Commitee“ verbirgt einen der wichtigsten Beiträge Österreichs zur diesjährigen Schacholympiade. Das für dieses Turnier verwendete Auslosungsprogramm „Swiss-Manager“ wurde nämlich vom Österreicher Heinz Herzog programmiert. Er ist selbstverständlich hier vor Ort. Allabendlich besucht er auch das österreichische Team und versorgt uns mit aktuellen Informationen.

Ich hatte das Vergnügen, mit ihm ein Interview zu führen



Karl-Heinz Schein:
Was ist dein Beitrag hier für eine gelungene Olympiade? 

Heinz Herzog:
Ich hatte bereits im Vorfeld der Olympiade einige Arbeit zu erledigen. 2 Wochen vor der Olympiade erhielt ich von den Organisatoren eine Excel-Datei mit den Namen der teilnehmenden Spielerinnen und Spieler. Allerdings war in den Listen die vorgesehene Brettreihenfolge nicht vermerkt, manchmal waren Vor- und Nachnamen vertauscht und es war auch nicht angegeben, welche Damen in Herrenteams mitspielten. So habe ich jeden einzelnen Spieler (in Summe mehr als 1300) in der FIDE-Liste gesucht und somit die Liste auf den aktuellsten Stand gebracht.

Ich reiste bereits einige Tage vor dem offiziellen Beginn des Turniers nach Turin. Hier wurde im Vorfeld eine Teambesprechung mit dem Paarungs-Komitee abgehalten, und am Samstag vor Turnierbeginn haben wir die noch immer  -inoffizielle- Teilnehmerliste in den Computer eingegeben.

In der Nacht vor der ersten Runde ging es dann richtig los. Nach dem „Captains Meeting“ erhielt ich gegen 0:45 die tatsächlichen Aufstellungen (inklusive Ersatzspieler) aller teilnehmenden Mannschaften. Gemeinsam mit Hauptschiedsrichter Gert Gijssen arbeiteten wir die Nacht durch und um 06:30 war die Auslosung für die 1. Runde fertig. Um 8:30 wurden die Teamaufstellungen für die 1. Runde abgegeben und so konnten wir ab 09:30 die einzelnen Paarungen eingeben. Anschließend wurden sie im Internet veröffentlicht und die entsprechenden Dateien mit Detailinfos an das Organisationskomitee und an die FIDE verschickt. Danach konnten wir das erste Mal durchatmen. Es hatte alles geklappt und das Turnier war ordnungsgemäß angelaufen.

Karl-Heinz Schein:
Warum hat die FIDE gerade dich und dein Programm gewählt?

Heinz Herzog: Für Schacholympiaden gibt es ganz spezifische Auslosungsregeln. So werden z.B. die Runden 1-4 nach einem anderen System ausgelost als die restlichen Runden 5-13. Diese speziellen Anforderungen werden weltweit nur von zwei Programmen erfüllt. Das eine stammt von Christian Krause, das andere von mir. Seit der Olympiade von Bled 2002 bin ich mit meinem Programm bei olympischen Spielen vertreten. Nach Calvia 2004 bin ich somit hier in Turin das dritte Mal dabei.

Karl-Heinz Schein: Kannst du ein bisschen über die Entstehung deines Programms erzählen?

Heinz Herzog:
Eine detaillierte Entstehungsgeschichte des Programms „Swiss-Manager“ kann man auch im Internet unter  swiss-manager.at nachlesen. Begonnen hat alles 1985. Ich spielte damals für den Schachklub Breitensee und wir veranstalteten jährlich ein Turnier, das sog. „Carasaxa-Turnier“. Dieses Turnier wurde im Schweizer System ausgetragen und gemeinsam mit einem Freund schrieben wir ein einfaches Programm, das uns die Auslosung machen sollte. Es funktionierte so leidlich. Ein weiterer wichtiger Schritt war dann ein Programmier-Praktikum an der Wiener Universität. Bis heute habe ich mindestens 3000 Arbeitsstunden in die Entwicklung des Programms investiert.

Karl-Heinz Schein:
Und dein Programm ist nun fertig? 

Heinz Herzog:
Ein Programm ist eigentlich nie fertig. Es wird ständig verbessert. Man muss immer wieder auf Kundenwünsche eingehen, und auch Regeln können sich ändern.

Karl-Heinz Schein: Wer besitzt eigentlich dein Programm und wie viel kostet es?

Heinz Herzog:
Die Vollversion kostet € 199. Momentan habe ich Kunden aus 40 Schachföderationen weltweit. Gerade heute hat die „Syrian Chess Federation“ eine Vollversion bestellt.

Besonders kundenfreundlich ist aus meiner Sicht die Möglichkeit, gespielte Turniere mit den wichtigsten Daten sehr leicht ins Internet zu Stellen. Auf der entsprechenden Seite der Wiener Zeitung sind aktuell 2989 Turniere online archiviert. Und von Jahr zu Jahr nimmt die Anzahl deutlich zu.

Die aktuelle Schacholympiade ist momentan natürlich besonders gefragt. Die gigantischen Zugriffszahlen auf die Daten dieses Turniers freuen mich sehr.

Karl-Heinz Schein:
Welche besonderen Arbeiten fallen bis zum Schluss dieses Turniers noch an?

Heinz Herzog:
Der Tagesablauf ist im wesentlichen festgelegt. Morgens wird auf die Spielerpaarungen gewartet, die werden dann erfasst, überprüft, ausgedruckt, veröffentlicht und in Form von Excel  - und HTML-Dateien an die Turnierorganisatoren und an die FIDE geschickt. Nachmittags, wenn dann allmählich die ersten Ergebnisse einlangen, werden diese erfasst. Nach Schluss der Runde erfolgt die endgültige Datenerfassung und die Auslosung. 

Zusatzarbeit fällt noch für die Schlussrunde an. Dafür habe ich mir einen speziellen Aufgabenkatalog zurechtgelegt: 

Titelbestimmungen müssen überprüft und ins Programm eingebaut werden.


Die Eloberechnung und die speziellen Kategoriepreise müssen eingebaut werden, ebenso wie die Brettpreise und die ELO-Performance-Preise.

Eine Sonderregelung gilt es für die Mannschaft Italien C zu beachten. Die darf zwar an der Olympiade mitspielen, kann aber keine Preise gewinnen. Auch diese Vorgabe muss ich speziell programmieren. Schlussendlich müssen noch alle Excellisten geprüft werden, Geburtsdaten sind noch zu kontrollieren und die fehlenden Mannschaftskapitäne müssen noch eingegeben werden.

Karl-Heinz Schein:
Bei dieser Menge an Arbeit will ich nicht weiter stören. Vielen Dank für dieses informative Interview und weiterhin viele zufriedene Kunden!


Doch nun in die Turnier-Arena.


15.00 - Runde 7


Damen:
Österreich - Südafrika 1:2


Die schwarze Serie reißt nicht ab. Pechvogel der Runde war Tina Kopinits. Am 1. Brett spielte sie eine „unvollendete“ Glanzpartie. Gegen die sizilianische Verteidigung kam sie durch ein energisches  und kreatives Angriffsspiel zu einer totalen Gewinnstellung. In Zeitnot hätte sie einfach ein dreizügiges Matt geben können, doch leider Gottes ließ sie diese Möglichkeit aus und musste schlussendlich eine tragische Niederlage hinnehmen. 

Sonja Sommer wagte es, das umstrittene Albins-Gegengambit zu spielen und hatte in der Eröffnung einige bange Momente zu überstehen, bis sie mittels taktischer Komplikationen ein zum Ausgleich genügendes Gegenspiel hervorzauberte. Maria Horvath akzeptierte in besserer Stellung das Remisangebot ihrer Gegnerin. Leider hatte sie einen Zwischenzug nicht weit genug berechnet, der ihr gute Möglichkeiten geboten hätte, die Partie im Gewinnsinne fortzusetzen. Es bleibt zu hoffen, dass heute gegen Botswana das Blatt endlich gewendet wird und wir nach drei knappen Niederlagen in Folge endlich auf die Siegerstraße zurückkehren.





Herren:
Österreich - Andorra  3:1

Ein tolles Ergebnis für unser Team. Alvir Aco und Kreisl Robert spielten ganz hervorragende Positionspartien und ließen auf Brett 3 und 4 ihren Gegnern keine Chance. Die Partie von Alvir finden sie kommentiert in der Partiensammlung. An den ersten beiden Brettern gab es für GM de la Riva und IM Oms kein Durchkommen. Pilaj und Danner hielten locker remis.



Nach 7 Runden wird es Zeit für ein erstes Zwischenergebnis der Einzelleistungen:

Damen:
Mira:                1,5 aus 5
Kopinits:                   1,5 aus 5
Sommer:                    3   aus 6
Horvath:                    3   aus 5


Herren:
Neubauer:            3,5 aus 6
Pilaj:                 3,5 aus 7
Danner:            2,5 aus 5
Alvir:                2,5 aus 6
Genser:            0,5 aus 2

Kreisl:              1,5 aus 2




Foto-Highlights der Runde:


K.-H. Schein auf der Suche nach Tatoos...


... und anderen Rückenansichten.



Dann geht´s ins Pressezentrum, wo der Laptop ins Netz gebracht und das Olympiatagbuch online gestellt wird.


Er nutzt die Zeit ökonomischer.


Deutschlands Bundestrainer Bönsch im Interview.


Pressemeldungen gehen raus in alle Welt.


Während der Eingabe...


... werden nebenbei die Partien der Österreicherinnen verfolgt.



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