Das
Olympia-Tagebuch von K.H. Schein
Tag 11 - 9. Runde
Ein Veranstaltung von dieser voluminösen
Größenordnung kann nicht ohne die Hilfe von vielen, vielen
freiwilligen Unterstützern funktionieren. Es ist an der Zeit,
kurz über diese Helfer zu sprechen: Wenn man hier am Olympiagelände
Hilfestellung benötigt, wendet man sich an die „guten Geister
in den orangen T-Shirts“.
An die 300 freiwillige Helfer, die in der Mehrzahl aus
Turin selbst stammen, arbeiten derzeit im Rahmen der
Schacholympiade mit. Man erkennt sie an den leuchtend orangen
T-Shirts. Sie sind ausgesprochen freundlich und immer bereit, mit
einem sympathischen Lächeln weiterzuhelfen.
„Mehr als 450 Anmeldungen für diese Tätigkeit erhielt
das Organisationskomitee und 300 wurden schließlich ausgewählt“,
erzählt der Koordinator, Cesare Palenzona, ein früherer
FIAT-Manager. Die meisten Freiwilligen sind Pensionisten, aber
auch viele jüngere Leute, die sich für die Arbeit hier extra
Urlaub genommen haben.
Die Tätigkeit der unermüdlichen Helfer wird übrigens
nicht bezahlt. Alles, was sie erhalten, ist der kostenlose
Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln von ihrer Wohnstätte
zum „Arbeitsplatz“. Vielfältige Aufgabengebiete gibt es dann
auszufüllen: Taxidienste, Securityaufgaben, Arbeiten im
Restaurant und in den Sekretariaten sowie allgemeine Hilfestellung
für die vielen, vielen Delegationen aus aller Welt und für die
Journalisten im Pressezentrum. Auch von dieser Stelle aus ein ganz
großer Dank an dieses tolle Team!
Gestern hatte ich die Möglichkeit, gemeinsam mit Walter
Kastner der Übertragung zu lauschen, die Yasser Seirawan für
„Radio Chessbase“ moderiert. Der charismatische
amerikanische Großmeister ist ein Ausnahmetalent, was die
Fähigkeit betrifft, Schachpartien der Spitzenklasse auch für das
breite Schachpublikum lebendig und instruktiv zugleich zu erläutern.
In seinem improvisierten Studio begrüßte er uns freundlich und
hatte nichts dagegen, dass wir während der Übertragung im Studio
verweilen und seine Ausführungen mitverfolgen konnten.
Kastner lauscht Yasser Seirawan bei seiner Olympia-Sondersendung
für TV ChessBase.
Hochinteressant verläuft auch die
Computerweltmeisterschaft, die in einem separaten Bereich im Oval
ausgetragen wird. 18 Programme ermitteln in einem 11-rundigen
Turnier den aktuellen Computerweltmeister. Diese Meisterschaft
wird bereits seit 1974 ausgetragen. Mit neuester Technologie im
Hard- und Softwarebereich spielen die Maschinen mit unglaublicher
Stärke. So meint z.B. Schiedsrichter van den Herik: „Einige
dieser Programme sind wesentlich stärker als die besten der hier
bei der Olympiade vertretenen menschlichen Großmeister.“ Und er
fügt hinzu, dass aktuelle Software bereits eine ELO-Leistung von
4000 Punkten erreichen kann. (Im Vergleich dazu: Die besten
menschlichen Leistungen bewegen sich im Bereich von 2850
ELO-Punkten.)
Das Computer-Turnier ist eine eigene Welt für sich. Während
die Computer an ihren besten Zügen arbeiten, unterhalten sich die
„Gegner“ (die jeweiligen Programmierer) über die Chancen,
kein Handyläuten bringt die Geräte aus der Fassung und einige
sind nicht einmal physisch anwesend. Das Programm „Crafty“
z.B. läuft auf einem Supercomputer mit parallelen Prozessoren in
einer nordamerikanischen Universität.
Amir Ban (Junior) und Stefan Mayer-Kahlsen (Shredder)
Das Turnier ist offen ausgeschrieben, im Prinzip kann jedes
Programm an dieser im Schweizer System ausgetragenen Meisterschaft
teilnehmen. So sind hier in Turin 6 italienische Programme
vertreten. Die WM der Computer 2005 in Reykjavik erlebte eine große
Überraschung, indem das unbekannte Programm „ZAPPA“ allen
Favoriten die Show stahl und mit einem unglaublichen Score von
10,5 aus 11 Punkten gewann. Ob wir so etwas auch in Turin erleben?
In einigen Tagen gibt es die Antwort!
Doch nun in die Turnier-Arena.
15.00
- Runde 9
Damen:
Österreich - England 1,5:1,5
Unsere Damen agieren nach dem 3:0 Sieg in der Vorrunde gegen die
favorisierten Engländerinnen voller Selbstvertrauen. In teils
wechselhaft verlaufenden Partien erreichen Mira, Kopinits und
Sommer letztendlich ein Remis. Captain Schein zeigt sich mit dem
1,5:1,5 zufrieden, trauert aber doch ein wenig dem möglichen Sieg
hinterher.
Sonja Sommer vor der Partie gegen England.
Erstmals dabei der eben angekommene Präsident Kurt Jungwirth.
Doch auch die Engländer haben ein Maskottchen.
So ist das 1,5:1,5 das "logische" Resultat.
Herren:
El Salvador - Österreich
1:3
Routiniert holen die Österreicher gegen El Salvador einen 3:1
Sieg. Die Schwarzspieler Neubauer und Genser halten sicher Remis,
die Weißspieler Danner und Kreisl punkten voll.
Captains Danner "Team-Baby-Sturm": Genser und Kreisl (re)
Harald Genser erzielt sicher ein Remis mit Schwarz.
Foto-Highlights der Runde:
Jede Runde beginnt mit einem wahren Film- und Fotofeuerwerk.
Wegen vereinzelter Kritik - unsere Fotos seien "Damenlastig"
- ...
... richten wir heute den Focus auf die Männer.
Wunderkind Magnus Carlsen hat nach 8 Runden die beste
Eloperformance (über 2900 !!)
Hollands Loek van Wely
Kasimdzhanovs Frau
Slowakei gegen Slowenien
Pressebetreuung
Gata Kamsky findet offenbar den richtigen Zug gegen Tschechien.
Vorne dabei ist weiter die Ukraine mit Iwantschuk auf Brett 1.
Manchmal sind die Wege mühsam...
... und das sind die Engländer in ihrem Wettkampf gegen Mexiko.
Ganz ohne "Faces" geht´s auch heute nicht...
... so hat die Redaktion mehrheitlich entschieden.
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