Das
Olympia-Tagebuch von K.H. Schein
Tag 14 - 11. Runde und FIDE-Wahl
Frei nach Edi
Finger, dem legendären Radioreporter: „Meine Damen und
Herren zuhause, macht`s euch ein Flascherl auf und genehmigt euch
ein gutes Glaserl. So ein Wahnsinnsergebnis kann man nicht alle
Tage feiern!“
Konkret:
15.00
- Runde 11
Damen:
Bosnien/Herzegowina - Österreich 0:3
Wann
hat es das jemals gegeben? Als krasser Außenseiter entführt das
österreichische Damenteam, noch dazu mit zwei Schwarzpartien,
alle 3 Punkte ins rot-weiß-rote Lager. Die gute Laune bei der
morgendlichen intensiven Vorbereitung setzte sich offenbar nahtlos
im Turniersaal fort.
Tina Kopinits ging wie immer voll auf den gegnerischen König los.
Gifitg, mit viel Biss und noch mehr Risiko scherte sie sich wenig
um Bauern. „Going for the king“ hieß die aggressive Parole.
Ihre Gegnerin wurde durch das fortwährende pressing nervös und
stellte schließlich die Partie ein. Auf Brett 3 spielte Maria
Horvath eine weitere hervorragende Positionspartie.
Der holländische Stonewall-Aufbau erwies sich als goldrichtige Eröffnungswahl,
ihre Gegnerin kam überhaupt nie in die Nähe eines Gegenspiels.
Mit einem 2:0 Polster im Rücken versuchte auch Helene Mira auf
Brett eins, aus einem remislichen Damenendspiel Vorteile
herauszupressen. Und tatsächlich wurde endlich einmal ihr
Kampfgeist belohnt. In einer Partie, die über die volle Distanz
ging, blieb es ihr vorbehalten das 3:0 zu vollenden und von der
gesamten Mannschaft begeisterte Glückwünsche entgegenzunehmen.
Sternstunde unseres Damenteams gegen Bosnien/Herzegowina
Mira presst aus einem remisverdächtigen Endspiel das 3:0.
Herren:
Uruguay - Österreich 0,5:3,5
Unser Spitzenbrett Martin
Neubauer hat nach dem zweiten Ruhetag noch immer Chancen auf eine
GM-Norm. Allerdings benötigt der österreichische
Bundesjugendtrainer dafür drei Punkte aus den letzten drei
Partien. In Runde 11 gelingt Martin der erste kleine Schritt seine
Schwarzpartie gewann er „pflichtgemäß“. Die freundliche
Mithilfe seines Gegners erlaubte schlussendlich ein hübsches
Mattfinale. Herwig Pilaj gewann problemlos gegen die slawische
Verteidigung seines Ggners. „Kurz und schmerzvoll für den
Nachziehenden“, so lautet hier der Filmtitel.
Weiterhin wie in seinen besten Tagen spielt Georg Danner. „Holländisch
lebt“ lautet sein Motto als nachziehender gegen d4. Und auch
heute trat er den beweis dieser These an. Das einzige halbe Pünktchen
Österreichs gab an diesem Tag Harald Genser ab. Um ein Ausufern
der Festlichkeiten im Österreicherhaus zu vermeiden, setzte
Harald Genser seine Gewinnstellung nicht in den vollen Punkt um.
Ein 7:0 wäre der Gesundheit der österreichischen Equipe unter
Umständen abträglich gewesen.
Auf GM-Norm Kurs: Martin Neubauer (li)
FIDE-Wahl:
Bereits zuvor startete um 10.00 Uhr der FIDE-Kongress 2006 in der
Stadt. Mit großer Spannung wird die Wahl zum FIDE-Präsidenten
erwartet. Kirsan Ilyumshinow und Besel Kok sind die Kontrahenten.
Im Incontra Torino startet...
... die Generalversammlung der FIDE.
Eröffnet wird mit der nationalen Hymne Italiens.
Doch schon bald gerät der Kongress ins Stocken.
Heiß diskutiert wird die Berechtigung der Delegierten. Umstritten
sind insbesondere Peru und Paraguay.
Schachbretter...
... und Computer werden ausgepackt.
Frau steht sich die Füße in den Bauch.
Man döst so vor sich hin.
Warten, warten, warten...
... rund 7 Stunden nach der Eröffnung kommt es endlich zum
Höhepunkt des Tages.
Besel Kok präsentiert sich als Kandidat und ...
... das Programm seiner Kampagne "the right move".
Kürzer ist die Rede von Ilyumshinov. Er erledigte sein Programm
bereits in Einzelgesprächen.
Während die 154 Delegierten zur Wahl schreiten steht "Small
Talk" auf dem Programm.
Dann wird mit Spannung das Resultat erwartet.
Die Spannung löst sich als das Resultat verkündet wird.
Der amtierende Präsident siegt mit 96 zu 54 Stimmen und bleibt
für weitere vier Jahre Präsident. Beide Kandidaten zeigten
Größe und gegenseitigen Respekt. So endet ein langer Tag mit
versöhnlichen Stimmen und der Hoffnung in Zukunft vielleicht
sogar gemeinsam einiges bewegen zu können.
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