Das Olympia-Tagebuch von K.H. Schein Tag 16
- 13. Runde
Mehr
als zwei Woche Schach pur und intensiv liegen nun hinter uns und es
ist an der Zeit eine Bilanz zu ziehen.
Für jeden
Schachliebhaber ist ein Turnier dieser Größenordnung ganz
einfach eine faszinierende Angelegenheit. Es ist nicht bloß die
Gelegenheit, die besten Könner ihres Faches hautnah miterleben zu
können. Die Magie der 64 Felder konnte man rund um die Uhr spüren.
Besonders berührend für mich war die Begegnung mit dem ältesten
Schachgroßmeister der Welt, dem 95-jährigen Andre Lilienthal. Er hat
von den frühen 30-er Jahren des vergangen Jahrhunderts weg mit
Legenden wie Lasker, Aljechin und Capablanca erfolgreich die Klingen
gekreuzt und zeigt auch heute noch Interesse am aktuellen
Schachgeschehen. Ehrfürchtig wurde ihm von allen Schachspielern
Platz gemacht, als er, gestützt von seiner Frau, am Stock gehend,
noch immer voll Würde und mit aufmerksamen Augen durch die Halle
schritt.
Auf der anderen Seite ist es
unglaublich, wie viele starke junge Schachspieler aus der ganzen
Welt das OVALE LINGOTTO in diesen zwei Wochen beherbergte. Am
auffälligsten für mich in dieser Hinsicht war der phantastische
Auftritt des norwegischen Superstars Magnus Carlsen. Scheinbar
gelangweilt wälzt er sich auf seinem Sessel hin- und her, beobachtet
– wenn er am Zug ist – durchaus interessiert – die Stellung am
Nachbarbrett und packt so aus dem handgelenk einen Riesenzug nach
anderen aus. Dieses Riesentalent hat das Zeug zu einem Weltmeister
.
Magnus Carlsen
Zum Abschneiden der
Österreicher:
Man muss allen Spielern und Spielerinnen
bescheinigen, in jede Partie mit Kampfkraft und großem Ehrgeiz
gegangen zu sein. Kurzremisen kamen praktisch nicht vor. So
wechselten in den 13 Runden Licht- und Schattenseiten naturgemäß ab.
Diskussionen, dass viele stärkere Spieler zuhause geblieben waren,
ließen das Team unbeirrt. Diejenigen, die in Turin waren, haben
alles gegeben und versucht für Österreich ihr bestmögliches Schach
zu spielen. Der Zusammenhalt innerhalb des Teams war vorbildlich, es
gab keinerlei Verstimmtheiten, was Aufstellungsvarianten,
Farbverteilungen usw. betraf. Siege wurden – egal wer sie im Team
erzielte – mit großer und ehrlicher Freude aufgenommen, bei
Niederlagen tröstete man sich gegenseitig. Georg und Hermine Danner
kümmerten sich fürsorglich um die gesamte Mannschaft und waren stets
erreichbare und hilfsbereite Ansprechpersonen.
Nun zu den
Ergebnissen der Schlussrunde:
10.00
- Runde 13
Damen: Österreich - Indonesien
0,5:2,5
Es hat nicht sollen sein. Indonesien - eine Mannschaft in unserer
Reichweite – war eigentlich kein schlechtes Los und die Mannschaft
ging vollmotiviert in die Schlussrunde. Allen war klar, dass jeder
gewonnene oder verlorene halbe Punkt dramatische Auswirkungen in der
Schlusstabelle zeitigen wird. Die Niederlage von Sonja Sommer schien
nicht allzu tragisch zu sein, denn Helene Mira hatte eine totale
Gewinnstellung auf Brett 1 herausgearbeitet und auch Tina Kopinits
hatte schöne Kompensation für einen geopferten Bauern. Doch leider
kam es anders. In mittlerweile schon schlechterer Stellung vergaß
Tina ganz auf die Uhr und wurde vom Schiedsrichter unsanft aus ihren
Überlegungen gerissen. Zeitüberschreitung! Und auf Brett eins hatte
sich Helene Mira im Turm-Springer-Endspiel durch einen einzigen
unbedachten Zug ihre überlegene Position ruiniert und musste sich
mit einem halben Punkt zufrieden geben.
Mira gut gelaunt vor der
Schlussrunde
Herren: Österreich - ISCS
2:2
Gegen die starke internationale Auswahl von
taubstummen Spielern (3 internationale Meister!) hatte es unser Team
nicht leicht. Remisen auf den Brettern 1 und 4 standen ein Sieg von „Jungmeister“ Georg
Danner und eine Niederlage von Herwig Pilaj gegenüber. Totale
Konzentrationsfähigkeit über die gesamte Distanz – dafür wurde Georg
Danner mit dem besten Einzelergebnis unseres Teams hier in
Österreich belohnt. 7 Punkte aus 10 Partien, darunter 5 schöne Siege
und nur eine (jawohl, die gegen die Fiji-Inseln!) Niederlage sind
ein wunderbares Ergebnis. Gratulation und alle
Achtung!
Österreichs Herren im Kampf um die Plätze
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