Dresden-Tagebuch
07
Top-Partie Live im Internet
Die Schacholympiade in Dresden ist nun auch live per Video im
Internet zu verfolgen. Rechtzeitig zum Spitzenspiel zwischen
Deutschland und Russland konnten Schachfans weltweit auf das
Video-Signal bequem von zu Hause zugreifen. Das ist die ideale
Ergänzung der Echtzeit-Datenübertragung aller Partien ins Web.
Seit Beginn der Schacholympiade registrieren die Organisatoren
mehrere Millionen Seitenzugriffe auf die grafisch dargestellten
Daten aller Schachpartien.
Nun kann sich ein Internetbenutzer zusätzlich das Videobild
nach Hause holen. Ab 14.30 Uhr war gestern die Kamera auf Tisch
1 gerichtet, an dem Gastgeber
Deutschland gegen Russland spielte. Dank der neuen Technik sind
somit nicht nur die Bewegungen auf dem Brett, sondern auch die
Reaktionen der Spieler aus der Ferne zu verfolgen.
TV-Bilder wurden bereits in den letzten Tagen über das
Internet-Fernsehen der Schacholympiade ausgestrahlt, allerdings
bisher nur zeitversetzt. “Die Datenübertragung aller
Schachbretter hatte oberste Priorität und sollte erst stabil
laufen, bevor wir uns an den Live-Video-Stream wagen”, erklärt
IT-Leiter Michael Breidung.
Wer die Bilder live im Internet verfolgen möchte, sollte dem
SchacholympiadeTV Link auf der offiziellen Webseite www.dresden2008.de
folgen und die Zusatzsoftware installieren. Bisher läuft das
Fernsehbild nur auf Windows Rechnern, die Windows Media Player
der Version 9 oder höher installiert haben.
Die Bermuda-Party ist
bereits Geschichte, in einer langen, rauschenden Dancing-Night
traf sich in einem riesigen Disco-Tempel in der
Innenstadt Dresdens alles, was im Schach Rang und Namen hat. So
sah man auf der Tanzfläche Spieler vom Range eines Shirov,
Naiditsch, Tkachiev
oder van Welys, und selbst der stets grimmig dreinblickende
„russische Bär“ Arthur Jussupov wiegte seinen Körper im
Takte heißer Reggae-Rhythmen. Die österreichische Equipe hatte
mehrfachen Grund zum Feiern, dazu später gleich mehr!
Heute ist der erste Ruhetag fällig, und den haben sich die
TurnierteilnehmerInnen auch redlich verdient.
Die ersten 5 Runden in Dresden waren geprägt von
Kampfschach, von vielen schöne Partien und bemerkenswerten
Kombinationen. Auch die österreichischen Teams trugen ihr
Scherflein dazu bei. So konnten wir gestern wieder spannende Kämpfe
unserer Mannschaften mitverfolgen und es gibt mehrere Gründe,
warum ich den Bericht heute mit den Damen beginne.
Damen Runde 5
Br. |
18 |
Czech
Republic (CZE) |
Elo |
- |
36 |
Austria
(AUT) |
Elo |
1
: 3 |
9.1 |
IM |
Jackova Jana |
2360 |
- |
IM |
Moser Eva |
2376 |
0 - 1 |
9.2 |
WGM |
Kulovana Eva |
2286 |
- |
WFM |
Kopinits
Anna-Christina |
2270 |
1 - 0 |
9.3 |
WGM |
Richtrova Eliska |
2270 |
- |
WFM |
Novkovic Julia |
2161 |
0 - 1 |
9.4 |
WFM |
Pertlova Sona |
2239 |
- |
WIM |
Mira Helene |
2115 |
0 - 1 |
Zum einen möchte ich die Gelegenheit nützen, im Namen der
gesamten Mannschaft unseren beiden Geburtstagskindern einen
herzlichen Glückwunsch auszusprechen. Gestern hatte Juli
Novkovic ihren Geburtstag, und heute, am freien Tag, gratulieren
wir Helene Mira zu ihrem Geburtstag. Und gerade die beiden
sorgten gestern mit ihren Partien für extreme Spannung
und Wechselbäder
der Gefühle. Als Helene nach wenigen Zügen eine fehlerhafte
Abwicklung forcierte und sich gleich darauf in einer
hoffnungslosen Stellung befand, schien sich schon in der ersten
Spielstunde die Waagschale zugunsten der favorisierten
Tschechinnen zu neigen.
Doch mit dem für sie typischen Kämpferherz kniete sie sich
nochmals so richtig in die Stellung hinein und es geschah das
nicht mehr erhoffte Wunder: Ihre Gegnerin verlor im Versuch,
besonders sauber zu gewinnen den Faden und fand sich ihrerseits
schlussendlich in einem verlorenen Turmendspiel wieder. Welche
Wendung der Dinge! Mit diesem Punkt kann Helene heute ihren
Geburtstag bestimmt noch um einiges
besser genießen.
Leider gelang Tina dieses Husarenstück nicht, auch sie landete
in einem schwierigen Turmendspiel. Ihre Gegnerin hatte einen entfernten
Freibauern mehr und alle Bemühungen, auf der anderen Brettseite
noch zu Gegenspiel zu komme, waren leider vergebens.
Julia Novkovic beendete ihre Partie mit einer kleinen
Kombination, die ihre Gegnerin überaschenderweise übersehen
hatte. Als wir im Pressezentrum den Monitor auf Julias Stellung
schalteten, sagte ich zu Walter Kastner „Achtung, jetzt muss
Weiß einen guten Zug gegen das drohende Txe2 finden!“ Und
just in diesem Moment geschah auch schon
„Turm nimmt auf e2“. Ich hatte gar nicht bemerkt,
dass Julia am Zug war! Ein richtiger „Happy Birthday move!“
Congratulations!!! (Partie
siehe Olympiasplitter)
Unglaublich auch die Leistung von Eva Moser. Ihr vierter Einsatz
am Spitzenbrett, ihr vierter Sieg in ununterbrochener Folge.
Trotz kleinerer Ungenauigkeiten (im Nachhinein war sie mit dem
Vorstoß h5 nicht ganz zufrieden) spielte sie wiederum eine
hervorragende Partie. Mit ihr als Zugpferd spielt momentan die
gesamte Mannschaft einfach toll.
Ein großes Lob hier auch an Egon Brestian, der
„seine“ Damen hochprofessionell auf ihre jeweiligen
Gegnerinnen einstellt und mit seiner umsichtigen Art für ein
tolles Klima in der Mannschaft sorgt. Vier Begegnungen
hintereinander gewonnen, 8 Matchpunkte: Der Lohn ist morgen die
Begegnung gegen Russland. Ein Traumlos, wann hat man schon die
Chance, auf Tisch drei gegen die Schachnation Nr. 1 zu spielen,
die eventuell mit der regierenden Weltmeisterin Kostenjuk
und den berühmten Kosintseva-Schwestern antreten
wird?
Wir haben jedenfalls nichts zu verlieren.
Herren Runde 5
Br. |
13 |
India
(IND) |
Elo |
- |
54 |
Austria
(AUT) |
Elo |
3
: 1 |
6.1 |
GM |
Sasikiran
Krishnan |
2694 |
- |
GM |
Ragger Markus |
2518 |
½ - ½ |
6.2 |
GM |
Harikrishna P |
2659 |
- |
GM |
Kindermann Stefan |
2517 |
1 - 0 |
6.3 |
GM |
Ganguly Surya
Shekhar |
2603 |
- |
IM |
Atlas Valery |
2465 |
1 - 0 |
6.4 |
GM |
Geetha Narayanan
Gopal |
2548 |
- |
IM |
Neubauer Martin |
2422 |
½ - ½ |
Zu den Herren: Freilich hat man insgeheim auf eine Sensation
gegen das indische Weltklasseteam gehofft. Schlussendlich kam
eine durchaus ehrenvolle 1.3 Niederlage zustande. Markus Ragger
wird uns immer unheimlicher. Wie er gegen Supergroßmeister
um die 2700 El0 auch mit Schwarz mithält, ist kaum zu
glauben. GM Sasikiran erhielt in keiner Phase der Partie
nennenswerten Vorteil und so bot schließlich „Sasi“ ( er
war der zweite Inder nach
Weltmeister Anand, der die 2700-Elogrenze überschritt) schließlich
selbst das Remis an. Martin Neubauer überzeugte ebenfalls
wieder mit seinen Kämpferqualitäten und hielt den Laden bis
ins Endspiel hinein dicht. Seine scheinbar gefährdete Stellung
im Bauernendspiel war nicht zu knacken. Die erste Niederlage im
Turnier musste Stefan Kindermann hinnehmen, der in Dresden
bereits zum dritten Mal seine italienische Eröffnung aufs Brett
brachte. Allerdings erwies sich Pentala Harikrishna
als bestens vorbereitet und bereits nach 10 Zügen stand
Weiß etwas unbequem. In schwieriger Lage setzte Stefan alles
auf eine Karte und drang mit seinem Turm ins gegnerische Lager
ein. Der Inder fand den einzigen, studienartigen Weg, diesen
Turm zu fangen und somit die Partie zu gewinnen. Da auch Valery
Atlas seine Partie verlor – seine sizilianische Verteidigung
hielt dem aggressiven weißen Angriffspiel
nicht stand – setzte es eine 1:3 Niederlage. Zum
erstanmal im Turnier spielen wir morgen gegen einen nominell
ungefähr gleich starken Gegner, nämlich gegen die an Nr. 43
gesetzten Ägypter. Eine schwere, aber nicht unlösbare Aufgabe
für unsere auf Nr. 54 gereihte Equipe. Wir wünschen jetzt
schon alles Gute und freuen uns auf morgen!
Ein Blick auf Dresden:
Heute möchte ich die weltberühmte Semperoper vorstellen, die
als als Hof- und Staatsoper
Sachsens
eine lange geschichtliche Tradition hat. Klangkörper der
Semperoper ist die traditionsreiche Sächsische Staatskapelle Dresden.
Der erste Bau
Von 1838
bis 1841
errichtete der Baumeister Gottfried Semper (1803–1879) ein neues königliches
Hoftheater, welches allerdings schon am 21.
September 1869
einem Brand zum Opfer fiel.
Der zweite Bau
Schon bald wurde von Gottfried Semper ein zweites Gebäude
entworfen, das unter Leitung seines ältesten Sohnes Manfred
Semper (1838–1913)
von 1871
bis 1878
am Theaterplatz erbaut wurde. Der Theaterbau
verfügt über eine prachtvolle Innenausstattung. Über dem
Portal erhebt sich eine bronzene Pantherquadriga mit Dionysos
und Ariadne von Johannes Schilling. Die Westfassade der Hinterbühne
zieren das sächsische Wappen, die Figuren „Liebe“ und
„Gerechtigkeit“ sowie ein Kopf Gottfried Sempers. Neben dem
Eingang stehen die Skulpturen von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, in den Seitennischen der
Fassade die von William Shakespeare, Sophokles,
Molière
und Euripides.
Dieser zweite Bau fiel in der Nacht des 13.
Februar 1945
dem Luftangriff auf Dresden zum Opfer.
Der dritte Bau
Nach dem Zweiten Weltkrieg bereiteten 1946–1955
Sicherungsarbeiten sowie konzeptionelle Studien 1968–1976
den Wiederaufbau vor. Am 24. Juni 1977 erfolgte die Grundsteinlegung und der Wiederaufbau unter
der Leitung von Chefarchitekt Wolfgang Hänsch. Anlässlich des 40.
Jahrestages der Zerstörung konnte am 13. Februar 1985
die Semperoper mit Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ symbolisch wiedereröffnet
werden – es war diese Oper, mit der das Opernhaus am 31.
August 1944
geschlossen worden war.
Obwohl sie schon Staatsoper war, erhielt die Oper zusätzlich
nach der Wende den offiziellen Titel „Sächsische
Staatsoper“. Das extreme Hochwasser der Elbe im August 2002 fügte dem
Opernhaus einen Schaden von 27 Millionen Euro zu. Schon drei
Monate nach der Hochwasserkatastrophe eröffneten am 9.
November 2002
statt wie geplant am 13. August Tänzer und die Sächsische
Staatskapelle mit dem Ballett „Illusionen – wie Schwanensee“ die Spielzeit.
Im Rahmen der 800-Jahr-Feierlichkeiten der Stadt Dresden fand am
13.
Januar 2006
der erste Dresdner Opernball seit 1939
statt. Die Bestuhlung war durch Tische und Stühle ersetzt
worden. Im Saal, auf den Rängen und in den Logen feierten ca.
2300 Gäste sowie auf dem Theaterplatz etwa 4000 Dresdner.
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