Neue Kräfte haben sich durchgesetzt. Während eines weltweiten schachlichen Booms und eines darniederliegenden Meisterschaftsbetriebs hat sich der Österreichische Schachbund (ÖSB) mehr als nur neue Gesichter verpasst.
Der neue Stil und die Neuausrichtung werden sich ohne Harald Schneider-Zinner profilieren müssen. Ohne Getöse - vorrausschauend, strukturiert, verlässlich und loyal seinen Partner*innen gegenüber - hat der Bundesjugendtrainer und langjährige Leiter der Trainerausbildung den ÖSB verlassen. Sicherlich eine Bauchentscheidung: Aber eine, die sich aus den Erfahrungen der letzten 20 Jahre im Schachsport nährt, gepaart mit dem Erkennen von Entwicklungen und einer scharfen Analyse mit einer prompten Entscheidung.
Harald Schneider-Zinner ist weg. Der Mann, der den Schachklub Ottakring zum österreichischen Sportverein (aller Sportarten, ja!) 2016 geführt hat, der Jugendkaderleiter, bei dem Valentin Dragnev und Felix Blohberger (die zukünftigen Schachstars in Österreich) groß werden konnten, der Nationaltrainer der Frauen, der abseits eines Blickes auf schnelle Erfolge den Weg für künftige Großmeisterinnen aus Österreich vorbereitet hat.
Er ist weg, aber er hinterlässt beachtenswerte Erfolge und von ihm gestaltete Strukturen - überall, wo er werkte und wirkte, kann gesehen werden: Aufbau und Nachhaltigkeit prägen seine Arbeit.
Das Kadertraining in Wien, geleitet von Landestrainerin Annika Fröwis mit einem Spitzenteam mit Florian Schwabeneder, Georg Fröwis, Simon Pacher, Harald Pingitzer an der Seite, sucht seinesgleichen: Gewachsene Strukturen, die so leicht nicht zerstörbar sind.
Der Schachklub Ottakring ist zu einem der lebendigsten Schachklubs in Österreich geworden. Auch dies ist nur möglich, weil hier viele aktiv mitarbeiten: Tobias Mayrhuber, Philipp Scheffknecht, Adam Steiner und Denise Trippold sind neben vielen anderen mit viel Engagement organisatorisch, trainierend und vernetzend unterwegs.
Und sein letztes Herzstück, die Leitung des Frauenkaders, setzt dem Ganzen die Krone auf. Was hier passiert ist und bleiben wird, war vor einigen Jahren noch unvorstellbar. Das gesamte Frauen-Nationalteam trainiert, werkt, organisiert Turniere, macht Öffentlichkeitsarbeit, nimmt sich Platz im ÖSB und nimmt sich Zeit für die jetzt heranwachsende Generation an Schachspielerinnen. Bravo!
Ein kurzer Applaus, bei dem es nicht bleiben soll: Noch mehr muss hier geschehen. Mehr Geld, mehr Ressourcen, mehr Unterstützung abseits wohlwollender Worte.
Kurz: Harald Schneider-Zinner baut auf, er zerstört nicht – und er setzt konsequent auf Teamarbeit. Er legt Schienen, er ist keiner, der es notwendig hat, Anderen zu sagen und zu zeigen: Ohne mich, da geht nichts! Es bleibt zu hoffen, dass ihn sein Weg zu einer anderen Zeit wieder zum Österreichischen Schachbund bringen wird.
Dem österreichischen Schach bleibt er erhalten. Das ist gut. (wk, Text: Christian Srienz)