Zu allererst verdienen die österreichischen Athleten und Athletinnen Respekt und Anerkennung für Ihre Leistungen. Sie alle haben schon mit ihren Olympialimits ihr Talent, ihre Motivation, ihren Einsatz über lange Zeit bewiesen. Dass es für einige um Haaresbreite nicht bis zur Medaille geklappt hat, für andere um einiges mehr, liegt an den unerbittlichen Gesetzen des Sports. Schließlich will bei Olympia die ganze Welt siegen.
Lächerlich war die Medaillenhysterie. Sie hat überflüssigen Stress erzeugt. Es genügt der Druck, den sich Sportler selber auferlegen. Völlig verkehrt ist es, aus der bescheidenen Bilanz von Rio den Schluss zu ziehen, Österreich sollte sich mit ein paar Sportarten begnügen und sie total finanzieren. Im Klartext würde das bedeuten, wir unterstützen ein paar Wintersportarten und lassen den restlichen Sport durch den Rost fallen. Die Leistungen unserer Wintersportler sind sehr gut. Mit ihren Medaillen macht der Wintertourismus Geschäfte, die den Sommersportarten in der Regel verwehrt sind. Die Schaffung einer kleinen geschlossenen Gesellschaft kann nicht Ziel der österreichischen Sportpolitik sein.
Wichtiger als Medaillen zu zählen ist es, langfristig Talente zu fördern. Dazu braucht es Talentefindung. Die geschieht in der Breite der Fachverbände. Dort werden Talente früh entdeckt, dort gilt es mit gezielter Förderung einzusetzen und schließlich Sondertalente, auch mit notwendiger Geduld, an die Spitze zu begleiten.
In jeder Sportart kann es besondere Leistungsträger geben. Abzulehnen ist daher in der österreichischen Sportpolitik das Zweiklassensystem, hie olympische Sportarten, dort nichtolympische. Es ist nicht gut, wenn in der Sportfamilie eine Gruppe gegen die andere ausgespielt wird. Die Nichtolympischen gratulieren den Olympischen zur Wertschätzung, die sie erfahren. Insbesondere auch jenen, die über das IOC die Teilnahme in Tokio geschafft haben. Nichtolympische wünschen sich aber nicht abschätzige Beurteilungen, die sich auch finanziell negativ auswirken. In meinem Verband, dem Schachbund, sehen wir zum Beispiel nicht ein, dass unsere Nummer eins, der Internationale Großmeister Markus Ragger, von der Bundessportförderung mickrig behandelt wird.
Apropos Förderung. In Rio wurde plötzlich über neue Strukturen geredet. Kein neues Thema. Allein im Förderwesen wird seit langem vom one stop shop geschwärmt: Schluss mit dem Verwirrspiel verschiedener Töpfe mit seiner komplizierten Bürokratie. Dabei ist es nicht notwendig das Rad neu zu erfinden. Es würde genügen, den Bundes-Sportförderfonds verlässlich auszustatten und seine Spielregeln zu vereinfachen. Das braucht allerdings starkes Wollen an der Spitze. Vielleicht schafft es unser neuer Sportminister. Spätestens nach Tokio 2020.
Mit sportlichen Grüßen
Kurt Jungwirth
Präsident des Österreichischen Schachbundes
Vizepräsident des Weltschachverbandes