Rio und die Olympiade 2016. Unvermeidlich sind bei einem solchen Monsterprojekt die Riesenprofite im Baubusiness, das Elend von Arbeitssklaven, die Fouls von internationaler Sportpolitik. Es ist gut, das alles zwischendurch zu vergessen. Es ist interessant, Leistungen von Athleten und Athletinnen zu bewundern, das eine oder andere Drama mitzuerleben. Es ist erfreulich, dass sich in dieser unruhigen Welt Sport ohne Panzer und Raketen versammelt.
Den österreichischen Athleten haben wir alles Gute gewünscht, gutes Gelingen gegen eine oft übermächtige Konkurrenz. 74 waren in 25 Sportarten selektiert. Schade, dass der Schachsport gefehlt hat. Warum eigentlich? Schließlich sind wir ein echter Weltsport. Die FIDE nähert sich der Mitgliederzahl von 190 Nationen. (Kurt Jungwirth)
2 Sportarten wurden in Rio neu in das olympische Programm aufgenommen: Rugby und Golf. Die Finger von zwei bis drei Händen reichen aus, um die Länder aufzuzählen, in denen Rugby eine gewisse Rolle spielt. Das sind der Rest des United Kingdom und Frankreich und Italien. Der verflossene Olympia-Präsident, der Belgier Rogge, wollte aber seinen Rugby-Freunden ein Geschenk vermitteln. Was Golf betrifft, kann man sich ungefähr ausrechnen, welche Lobby dort erfolgreich war.
Für Schach hat es also nicht gereicht. Dabei ist die FIDE immerhin Mitglied des IOC, des Internationalen Olympischen Komitees. Es hat Schach als Sport anerkannt. Es geht aber um den letzten Schritt: Schach auch als Olympischen Sport anzuerkennen und damit in das Programm der Spiele aufzunehmen. Die FIDE hat den aktuellen IOC-Präsidenten Dr. Thomas Bach aus Deutschland nach seiner Berufung kontaktiert. Der Weg der Anerkennung als Olympischer Sport führt über die Vollversammlung des IOC. Um dort dem Verlangen des Schachsports Nachdruck zu verleihen, haben nationale Schachverbände eine Offensive gestartet, um in ihr Nationales Olympisches Komitee aufgenommen zu werden. Über 100 haben damit bereits Erfolg gehabt. In Österreich hat der ÖSB um Aufnahme als ao. Mitglied in das Österreichische Olympische Komitee angesucht. Die Reaktion war typisch: Wenn der ÖSB in das ÖOC will, damit Schach olympisch wird, dann muss zuerst das IOC Schach zum Olympischen Sport erklären, damit das ÖOC den ÖSB aufnehmen kann. So will es sein Statut. Es mauert das ÖOC als geschlossene Gesellschaft gegen Veränderung ab, sichert seine Verkrustung.
Warum wollen denn die Schachsportler in das Olympische Programm? Reicht ihnen nicht die Schacholympiade, die seit 1924 (!) jedes zweite Jahr der Weltverband organisiert? Das ist ein mächtiges Mannschaftsturnier. Im September geht es 2016 in Baku wieder los. Es ist mit 150 Teams in der Allgemeinen Klasse, mit 120 bei den Frauen zu rechnen. Da trifft sich tatsächlich die Welt. Österreich tritt an.
Das ist sehr schön, genügt aber nicht. Der Hund liegt wie überall beim Geld begraben. Die österreichische Sportförderung kennt nämlich zwei Klassen: die Olympischen Sportarten, sie sind finanziell privilegiert und die Nichtolympischen, die sind die Unterdogs. Auch diese zwei Töpfe sind ein Fall von Verkrustung. Es kann nämlich in allen Sportarten besondere Leistungsträger geben. Wenn wer das Pech hat, dass sein Sport nicht olympisch ist, hängt er oder sie in Topf zwei.
Da und dort rieselt der Kalk im österreichischen Sport.