Das Match um die Weltmeisterschaft der Frauen wurde heute erst in einem Stichkampf entschieden, den Wenjun Ju gegen Alexandra Goryachkina mit 2,5:1,5 für sich entscheiden konnte. Dabei hatten es die vier Schnellpartien in sich. In der ersten Partie kommt Goryachkina mit Schwarz bereits nach zwanzig Zügen in Vorteil und steht etwas später klar auf Gewinn. Das Kommentator Team rund um Nigel Short hatte da den Punkt schon für die Russin verbucht. Zu früh. Wenjun Ju gelingt es nach gegnerischen Ungenauigkeiten noch ihren letzten Trumpf, einen freien d-Bauer, zur Umwandlung zu bringen und die Partie mit Turm und Springer gegen Turm und drei Bauern zu halten. In der zweiten Partie macht erneut Goryachkina Druck, mehr als eine Turmendspiel mit einem Bauern mehr, dass Ju problemlos hält, kann sie aber nicht erreichen.
Die Vorentscheidung fällt in der dritten Partien. Wenjun Ju wählt wie in der ersten Partie mit Weiß einen Aufbau mit Königsfianchetto. Es gelingt ihr das Läuferpaar zu erobern und später diese Vorteil in eine strukturell bessere Bauernstellung zu transponieren. Im richtigen Moment öffnet Ju die Stellung und erlangt entscheidenden Vorteil. In der vierten Partie greift Goryachkina mit dem Rücken zur Wand im Semi-Tarrasch zu einem spekulativen Bauernopfer. Sie erreicht Kompensation und nach einer Ungenauigkeit von Ju sogar ein besseres Endspiel, das Ju aber perfekt verteidigt. Im 77. Zug muss Goryachkina in eine Zugwiederholung einwilligen und Russland muss weiter auf eine Weltmeisterin seit Alexandra Kosteniuk (2008-2010) warten.
Seit den 90-ern des vorigen Jahrhunderts haben die Chinesinnen mit Jun Xie, Chen Zu, Yuhua Xu, Yifan Hou, Zhongyi Tan und Wenjun Ju den Kampf um WM-Titel im Frauenschach dominiert. Goryachkina hat die Jugend auf ihrer Seite und bereits diesmal gezeigt, dass sie den Titel in naher Zukunft wieder einmal nach Russland holen könnte. Diesmal war Wenjun Ju in den entscheidenden Momenten noch kaltblütiger und wohl auch glücklicher. (wk, Foto: Turnierseite)