Indien hat bei der 45. Schacholympiade in beiden Kategorien – der offenen und der Frauenkategorie – eine herausragende Leistung gezeigt und sich in beiden Wettbewerben die Goldmedaille gesichert. Im offenen Turnier dominierte das indische Team, bestehend aus Gukesh D, Praggnanandhaa R, Arjun Erigaisi, Vidit Gujrathi und Harikrishna Pentala, das gesamte Turnier. Unter der Führung ihres Kapitäns Srinath Narayanan gewann das Team zehn Partien und spielte nur einmal unentschieden. Vor der letzten Runde lagen sie zwei Punkte vor China und benötigten lediglich ein Unentschieden, um die Goldmedaille zu gewinnen. Doch das Team entschied sich zu kämpfen und besiegte Slowenien mit 3,5:0,5. Besonders Gukesh D und Arjun Erigaisi stachen heraus: Gukesh erzielte 9 Punkte in 10 Partien und gewann Einzelgold am Spitzenbrett, während Arjun 10 Punkte in 11 Partien erzielte und Einzelgold am dritten Brett holte. Beide verbesserten ihr FIDE-Rating erheblich und stehen kurz davor, die 2800er-Marke zu überschreiten.
Auch das indische Frauenteam, bestehend aus Harika Dronavalli, Vaishali R, Divya Deshmukh, Vantika Agrawal und Tania Sachdev unter der Leitung von Kapitän Abhijit Kunte, zeigte eine bemerkenswerte Leistung. Nach einem starken Start und dem Ausbau der Führung nach sieben Runden geriet das Team in der 8. Runde ins Straucheln, als es gegen Polen verlor und anschließend unentschieden gegen das Team USA spielte. Dennoch sicherten sie sich in der letzten Runde mit einem 3,5:0,5-Sieg gegen Aserbaidschan den Turniersieg. Divya Deshmukh, die 18-jährige Neuzugängerin, war eine Schlüsselfigur, spielte alle Partien und holte 9,5 Punkte. Ihr Sieg in der letzten Runde war entscheidend, und sie wurde mit Einzelgold am dritten Brett ausgezeichnet.
Der Kampf um die Silber- und Bronzemedaillen war in beiden Sektionen hart umkämpft. Im offenen Turnier lagen am Ende fünf Teams punktgleich auf dem zweiten Platz. Die Tiebreaks entschieden zugunsten von Team USA, das Silber gewann, und Usbekistan, das sich Bronze sicherte. Bei den Frauen kämpfte Kasachstan bis zum Schluss um Gold, musste sich jedoch mit Silber begnügen. Die Bronzemedaille ging nach einem weiteren Tiebreak an die USA, die sich gegen Spanien, Armenien und Georgien durchsetzten.
Indien hat mit seinen Leistungen erneut bewiesen, dass es zu einer führenden Schachnation sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen herangewachsen ist.
Österreich beendete die Olympiade in der offenen Sektion mit einem knappen 2,5:1,5-Sieg gegen das dritte Team von Gastgeber Ungarn. Der Start verlief wenig erfreulich: Markus Ragger brachte ein klassisches Läuferopfer auf h2, verrechnete sich jedoch und stand schnell auf Verlust. Alex Krstulovic brachte Ungarn mit 1:0 in Führung. Raggers Niederlage blieb jedoch ohne Folgen, da Valentin Dragnev und Felix Blohberger gewannen und das Match für Österreich bei einem Remis von Valentin Baidetskyi drehten. Der Sieg sicherte letztlich den 32. Platz unter 189 Ländern, was der Setzliste entsprach.
Das Highlight aus heimischer Sicht war das Unentschieden gegen Polen. Das von Borki Predojevic betreute Team zeigte insgesamt eine solide Leistung. Die besten Elo-Leistungen erzielten Blohberger mit 2599 und Dragnev mit 2589. Blohberger war zudem mit 7,5 Punkten aus 10 Partien Österreichs Top-Scorer.
Das Frauenteam lieferte Frankreich in der Schlussrunde ein großes Match. Katharina Newrkla, Veronika Exler und Jasmin-Denise Schloffer remisierten gegen ihre deutlich höher eingestuften Gegnerinnen. Am Spitzenbrett entschied Deimante Daulyte-Cornette das Match mit einem Sieg gegen Regina Theissl Pokorna jedoch für Frankreich. Unterm Strich blieb für Österreichs Frauen ein 42. Platz. Die während des Turniers gezeigten Leistungen hätten mehr verdient. Das 2:2 gegen die Top-Nation Bulgarien zeigt das Potenzial der Mannschaft.
Das beste Einzelergebnis erzielte Katharina Newrkla mit einer Performance von 2251. Die meisten Punkte sammelte Veronika Exler mit 5,5 aus 8 Partien. Schloffer und Hapala erreichten jeweils fünf Punkte. Theissl-Pokorna, die am Spitzenbrett eine wichtige Stütze des Teams war, musste nach einem guten Start mit zweieinhalb Punkten aus drei Partien aufgrund fehlender Spielpraxis in den letzten Runden drei Niederlagen gegen starke Gegnerinnen hinnehmen.
Organisatorisch konnten die Ungarn ihren selbst gesetzten Ansprüchen, die beste Olympiade aller Zeiten anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zu organisieren, nicht gerecht werden. Kritisiert wurden die karge Ausstattung der BOK-Halle, sowohl im Spiel- als auch im Ausstellungsbereich, sowie der fehlende Zugang für Zuschauer zum Spielbereich – abgesehen von einer Fernsicht von der Tribüne. Auch organisatorische Schwächen im Vorfeld und während der Olympiade trübten den Gesamteindruck.
Trotz dieser Kritikpunkte muss man den Gastgebern zu ihrer großartigen Leistung gratulieren. Es gelang ihnen, die Olympiade und den FIDE-Kongress trotz der schwierigen weltweiten Situation und der inflationsbedingten Kostenexplosion erfolgreich durchzuführen. Zudem stellten sie allen Teilnehmern, wie bei Olympiaden üblich, die Unterkünfte kostenlos zur Verfügung, was es vielen Ländern ermöglichte, überhaupt teilzunehmen. Am Ende nahmen 187 Länder an der offenen Sektion und 167 bei den Frauen teil – dafür gebührt den Gastgebern großer Dank und Anerkennung. (wk, Fotos: FIDE)
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